Lugana – Trendwein mit langer Tradition
Am 15. Juli 2019 · von Stefan BehrDie Weißweine aus dem italienischen Weinanbaugebiet Lugana – südlich des Gardasees – erfreuen sich bei deutschen Weinfreunden seit einigen Jahren an wachsender Beliebtheit. Ist es der Wunsch, sich mit jedem Glas Wein, dem großen Goethe näher zu fühlen, der ein begeisterter Freund des Gardasees war? Ist es die Sehnsucht nach dem nächsten Urlaub, oder woher kommt diese wachsende Vorliebe? Um diese Frage zu klären, hat Kollege Stefan die Weine und das Anbaugebiet genauer beleuchtet.
Das Weinanbaugebiet Lugana ist südlich des Gardasees beheimatet und wird erstmals vor rund 1500 Jahren schriftlich erwähnt. Unter Historikern ist unbestritten, dass schon die alten Römer die Weine aus dieser Region zu schätzen wussten. Die Lehm- und Tonböden, auf denen die Reben stehen, sind sogar noch älter. Sie entstanden während der letzten Eiszeit und sind in erster Linie kalkhaltig, trocken und steinig. Im Zusammenspiel mit dem vom nahen Gardasee geprägten Mikroklima (milde Temperaturen und frische Winde) gedeiht die für Lugana-Weine verwendete Trebbiano Traube besonders gut.
Die Rebsorte gilt als eine der ältesten durchgängig angebauten Rebsorten und wird in dieser Region auch gern Turbiana oder Trebbiano di Lugana genannt. Damals wie heute schätzen die Winzer ihre anspruchslose Art sowie ihre besondere Fähigkeit viele Aromen und Mineralien aus dem Boden aufnehmen zu können. Mindestens 90 Prozent jedes Lugana Weins muss aus dieser Rebsorte bestehen.
Qualität statt Quantität
Seit 1967 trägt der Lugana Wein das Prädikat DOC (Denominazione di origine controllata) als kontrollierte Herkunftsbezeichnung. Diese frühe Auszeichnung gilt als Indiz dafür, dass die ansässigen Winzer schon immer mehr Wert auf Qualität als auf Quantität legten. Die Winzer von Lugana sind mit Recht stolz auf ihre Weine. Die für Italien eher untypischen Weißweine sind mühelos in der Lage, viele andere Weine der großen Weinnation qualitativ hinter sich zu lassen.
Auf den bisherigen Erfolgen ruht man sich jedoch nicht aus. Stattdessen sind die Winzer und Kellermeister bemüht, den trockenen und fruchtigen Geschmack der Weine weiter zu perfektionieren.
Der Lugana Wein
Jetzt habe ich schon so viel über Lugana erzählt, ohne den Wein selbst vorzustellen. Das muss ich dringend nachholen: Insgesamt gibt es fünf Lugana-Varianten: Lugana (auch Jahrgangs-Lugana genannt), Superiore, Riserva, Vendemmia Tardiva und Spumante (Sekt).
Das Flagschiff der Region ist der Lugana DOC, der rund 90 Prozent der Gesamtproduktion ausmacht. Die Weine trumpfen mit einer Kombination aus stroh- oder goldgelber Farbe, einer vielschichtigen Aromatik und frischem Geschmack auf. Sie müssen einen Mindestalkoholgehalt von 11 Vol.-% aufweisen und dürfen (seit 1998) ab 12 Vol.-% sowie mindestens einjähriger Lagerung die Qualitätsbezeichnung Superiore tragen. Als natürliche Weiterentwicklung des Superiore gilt der Riserva. Diese Qualitätsbezeichnung tragen die Weine, die mindestens 24 Monate (6 Monate davon in der Flasche) gereift sein müssen, bevor sie in den Handel gelangen.
Die Vinifizierung aller drei Qualitätsbezeichnungen erfolgt immer in Stahltanks. Superiore und Riserva reifen zudem immer häufiger auch in Holzfässern. Je nach Ausbau und Stil dieser Weine ändert sich ihre Langlebigkeit. Jahrgangs-Lugana können mindestens zwei bis drei Jahre nach Abfüllung genossen werden, während Superiore und Riserva auch mühelos zehn Jahre im heimischen Keller schaffen.
Noch recht jung am Markt sind die Weine mit der Bezeichnung DOC Lugana Vendemmia Tardiva – vergleichbar mit der deutschen Spätlese – die einen Mindestalkoholgehalt von 13 Vol.-% aufweisen müssen. Die Trauben für diese Weine werden hochreif Ende Oktober bis Anfang November gelesen. Durch die lange Reife der Trauben und den hohen Zuckergehalt entstehen weiche und konzentrierte Weine, die nicht zwingend süß schmecken müssen, da der im Wein gebundene Zucker durch die Säure der Trebbiano Traube ausgeglichen wird.
Karriere mit Lugana: Das Weingut Cà dei Frati
Ein Name ist mit der unglaublichen Karriere des Lugana ganz besonders verbunden: Cà dei Frati – Das „Haus der Brüder“, so die Übersetzung. 1939 erwerben Felice dal Cero und seine Frau Edvige einen einfachen Bauernhof nahe der Ortschaft Sirmione am südlichen Ufer des Gardasees und machen ihn zum Weingut. Denn Felice dal Cero, der aus einer Winzerfamilie aus Valpolicella stammt, erkennt sofort die günstigen Voraussetzungen von Boden, Lage und Klima. Bereits für Felice dal Cero kam als Rebsorte für einen Weißwein nur Trebbiano di Lugana in Frage. Die Rebsorte wird in der Region Turbiana genannt und gilt als autochthoner Klon des Trebbiano.
Mit dem Turbiana hatte Felice dal Cero den Anfang gemacht. Doch der große Durchbruch ist das Verdienst seines Sohnes Pietro dal Cero. Er ist es, der als erster auf seine Etiketten Lugana dei Frati schreibt und damit den Forderungen nach einem eigenen Weinbaugebiet den entscheidenden Nachdruck verleiht. Mit nur bescheidenen 12 Hektar Rebfläche ist Cà dei Frati zwar klein, gilt aber als Vorzeige-Weingut der Region. So ist es auch ein persönlicher Erfolg für Pietro dal Cero, als 1969 die DOC Lugana entsteht.
Aktuell entwickelt sich Cà dei Frati zum Kult-Weingut, das den Ruf des Lugana weit in die Welt hinausträgt. Die Welt hört zu und trinkt mit. Bis heute sind es die frischen sowie gereiften Lugana, die mit dem Weingut assoziiert werden. Dabei kann man am Gardasee auch Rosé und Rot. Das zeigt der Ronchedone von Cà dei Frati sowie der „Amarone Pietro dal Cero“.
Wie der Wein schmeckt
Aber was sind die Fakten schon im Vergleich zu den Aromen, die der Wein schon wenige Minuten nach dem Entkorken verströmt? Der Jahrgangs-Lugana betört die Nase mit Düften von weißen Blüten und Mandeln, der Lugana Superiore mit frischen Äpfeln, Zitronen und Gewürzen, der Lugana Riserva mit tiefgründigen Eukalyptus- und Feuersteinnoten und der Lugana Vendemmia Tardiva mit dem vielschichtigen Duft eines warmen Sommertages.
Am Gaumen erfreuen alle Weine mit Aromen, die an Zitrusfrüchte, Mandarinen, Wiesenkräuter oder auch an Haselnuss, Gewürze bis hin zu Feuerstein erinnern. Zudem sind bei allen Weinen mineralische Noten zu schmecken, die von den besonderen Bodenverhältnissen des Anbaugebiets stammen.
Alle Lugana Weine sind bekannt dafür, wenig Gerbstoffe (Tannine) zu haben, so dass sie hervorragend mit leichten Speisen harmonieren. Aber auch solo – ohne Speisenbegleitung – erfreuen die Weine mit ihrer jeweiligen Art. Sei es allein auf dem heimischen Balkon, mit Freunden beim Picknick oder oder oder.
Der ungewöhnliche Wein hat schon überzeugte Rotwein-Freunde mit seinen Vorzügen begeistern können. Da bleibt nur noch eine Frage? Wann werden auch Sie zum Freund dieser Weine?