Weinkonsum international: Wer trinkt wieviel?
Am 27. Mai 2024 · von Sven ReinboldWein wird doch immer getrunken, heißt es. Nur wieviel Wein konsumieren wir eigentlich? Kollege Sven Reinbold hat für uns die aktuellen Zahlen zusammengetragen. Über den Weinkonsum im internationalen und deutschen Maßstab.
Im Jahr 1924, also vor einem Jahrhundert, verzeichnet Frankreich einen Pro-Kopf-Konsum an Wein von fast 170 Litern – fast ein halber Liter pro Kopf und Tag. In heutigen Tagen mit mehr Gesundheitsbewusstsein und gewachsener Vorsicht beim Alkohol ist diese Menge nahezu undenkbar. In den frühen 1950er-Jahren trinken Französinnen und Franzosen immerhin noch rund 140 Liter Wein pro Kopf. Das fordert den Staat heraus, der alsbald mit der Kampagne „Santé Sobriété“ dafür wirbt, nicht mehr als einen halben Liter Wein pro Tag zu konsumieren. Solch ein Appell ist angesichts der aktuellen nationalen Politik und der Bestrebungen der EU ebenso undenkbar. Zumal die 140 Liter Wein pro Kopf heutzutage ohne Zweifel als problematischer Alkoholkonsum gälten.
Langfristig deutlicher Rückgang: Weinkonsum
Der Rückblick von 100 Jahren hilft dabei, die aktuellen Zahlen des Weinkonsums einzuordnen. Laut International Organisation of Vine and Wine (OIV) kommt Frankreich im Jahr 2022 nur noch auf 47,4 Liter Wein pro Kopf. Das ist ein Rückgang von etwa 120 Litern oder von über 70 Prozent, und der ist symptomatisch für die Langzeitbetrachtung des Weinkonsums. Wir trinken längst nicht mehr so viel. Ein Trend, der bereits seit den frühen 1960er-Jahren zu beobachten ist, schrumpft die Menge des konsumierten Weins in den großen Ländern kontinuierlich.
Viele Veränderungen haben zur Weinflaute beigetragen. Wein galt früher nahezu als Lebensmittel und ist mittlerweile bei den Genussmitteln mit Gesundheitsrisiko angekommen. Dazu passt auch die in den vergangenen Jahren deutlich wachsende Beliebtheit von alkoholreduzierten Weinen und alkoholfreien Weinen. Weniger Alkohol und damit weniger Wein sind ein Gebot der Stunde.
Weinkonsum ohne Grenzen: das Ranking
Mit den 47,4 Litern pro Kopf liegt Frankreich im internationalen Vergleich nach OIV-Zahlen auf Platz 2. Die Portugiesen haben im internationalen Ranking mit 67,5 Litern Wein pro Kopf klar die Nase vorn. Deutschland landet in diesem Wettbewerb übrigens mit 27 Litern Wein pro statistischer Leber auf Platz 6.
Deutschland: große Heimatliebe und viel Europa
Das Deutsche Weininstitut (DWI) zeichnet in seinen Zahlen von 2023 ein noch deutlicheres Bild. Nach seinen Angaben ist der Weinkonsum von über 16-Jährigen gegenüber dem Vorjahr um mehr als einen Liter auf 22,5 Liter pro Kopf gesunken. Zudem verschieben sich die Vorlieben für die Weinsorten. Der Rotwein schwächelt ein wenig, Weißwein und vor allem Rosé legen dagegen im internationalen Maßstab als auch im Weinmarkt Deutschland zu. Dabei zeigt die deutsche Weingemeinde eine seit Jahren verlässliche Vorliebe für Weine aus den heimischen 13 Anbaugebieten – die etwas über 40 Prozent der gekauften Weine ausmachen. Auf den Plätzen folgen Italien, Frankreich, Spanien und die Neue Welt.
Weinkonsum total: absolute Menge
Mit Statistiken ist es immer so eine Sache. Der Pro-Kopf-Konsum von Wein ist eine Sicht der Dinge, die Bedeutung eines Marktes, sprich Landes, ist das andere. Da geht es um absolute Zahlen und schon entstehen ganz andere Rankings. Statistisch erfasst werden 195 Länder, in denen Wein getrunken wird. Allerdings machen allein fünf dieser Länder rund 51 Prozent des kompletten Weinkonsums aus. Da lohnt also ein zweiter Blick.
Sinkende Nachfrage: sterbende Weinberge
Das Weinjahr 2023 war, an der Menge des weltweiten Ertrags gemessen, kein gutes. Gleichwohl wird schon länger in einigen Weinregionen über die Rodung von Weinbergen diskutiert, da schlichtweg zu viel Wein produziert wird. Das bedeutet per se nichts Schlechtes, da sicherlich die weniger guten Weinlagen als Erstes verschwinden werden. Nicht zu vergessen, dass bereits jetzt Tausende Hektoliter eine Notlösung erfahren und zu Industriealkohol destilliert werden wie im vergangenen Jahr beispielsweise viele Weine aus dem Bordeaux, dem Languedoc und dem Rhônetal.
Statistik hin oder her, der persönliche Pro-Kopf-Konsum bleibt immer eine private Angelegenheit. Ob Weine aus Übersee oder der Pfalz, ob Rotwein, Weißwein oder Rosé – wir trinken schließlich nicht nach Zahlen, sondern genießen Wein.