Säuregehalt im Wein: der Schlüssel zu Geschmack und Qualität

Am 12. September 2023 · von Stefan Behr

Säure spielt eine entscheidende Rolle für die Qualität eines Weins. Dabei beeinflusst die Säure nicht nur den Geschmack eines Weines, sondern auch seine Struktur, Haltbarkeit und Gesamtwahrnehmung. In diesem Beitrag widmet sich Stefan eingehend dem Thema Säuregehalt im Wein – von ihrer Bedeutung bis zu ihrer Wirkung und wie Winzerinnen und Winzer Einfluss darauf nehmen können.

Die Bedeutung von Säure im Wein

Wie sagt man so schön: sauer macht lustig! Doch beim Wein ist das so eine Sache. Für den einen sind manche Weine zu säurebetont, für den anderen fehlt es an Lebendigkeit im Glas. Das Empfinden von Säure ist also sehr individuell, doch in Bezug auf Wein heißt Säure keinesfalls sauer. Vielmehr ist Säure ein zentraler Bestandteil, der einen Wein belebt und ihm Frische verleiht.

Weißwein im Glas

Säure im Wein ist ein entscheidender Faktor, wenn es um Frische und Lebendigkeit geht

Im Wein finden sich hauptsächlich zwei Säuren: Weinsäure und Apfelsäure. Die Weinsäure trägt zur Struktur und dem Säuregerüst des Weins bei, während die Apfelsäure oft als spitzer empfunden wird. Winzerinnen und Winzer haben jedoch die Möglichkeit, die schärfere Apfelsäure in die weichere Milchsäure umzuwandeln, was durch den sogenannten biologischen Säureabbau, auch malolaktische Gärung genannt, erreicht werden kann. Dazu aber später noch mehr.

Säuregehalt im Wein und der pH-Wert

Um den Säuregehalt eines Weins zu messen, wird dieser nicht selten mithilfe des pH-Werts bestimmt. Dieser Wert drückt den Grad der Säure im Wein aus und liegt auf einer Skala von 0 bis 14. Ein pH-Wert von 7 gilt als neutral, wobei Werte unter 7 auf eine saure Umgebung hinweisen und Werte über 7 auf eine alkalische Umgebung hinweisen.

Weißweine weisen in der Regel einen niedrigeren pH-Wert auf und liegen im sauren Bereich mit einem pH-Wert von etwa 3 bis 3,5. Die meisten Rotweine haben einen pH-Wert zwischen 3,5 und über 4. Dieser Unterschied im pH-Wert trägt dazu bei, dass Weißweine als frischer und lebendiger wahrgenommen werden, während Rotweine eine etwas mildere Säure aufweisen.

Die Messung der Säure im Wein in Gramm pro Liter

Eine weitere Möglichkeit, den Säuregehalt eines Weins zu bewerten, besteht darin, die Säure in Gramm pro Liter auszudrücken. Als Faustformel lässt sich gut merken, dass ein Weißwein, der mindestens sechs Gramm Säure pro Liter enthält als frisch zu bezeichnen ist. Riesling oder Champagner kann aber auch locker acht oder sogar neun Gramm Säure pro Liter enthalten.

Champagner

Ein Champagner kann sogar acht bis neun Gramm Säure pro Liter enthalten

Die Angabe ermöglicht zudem, den Säuregehalt besser in Beziehung zur Restsüße des Weins zu setzen, da diese auch in Gramm Zucker pro Liter gemessen wird.

Ein hilfreiches Zahlenspiel, denn die Balance zwischen Süße und Säure ist entscheidend für die Qualität eines Weins. Winzerinnen und Winzer müssen bei Weinen mit Restzucker sorgfältig abwägen, wie viel Säure und wie viel Süße ein Wein haben sollte, um ein gut ausbalanciertes Geschmacksprofil zu erreichen.

Rebsorten und ihr Einfluss auf den Säuregehalt

Die Wahl der Rebsorte hat einen erheblichen Einfluss auf den Säuregehalt eines Weins. Einige Rebsorten sind natürliche Säurelieferanten und tragen dazu bei, dass ein Wein eine frische und lebhafte Säure aufweist. Zu den bekannten weißen Rebsorten, die eine gute Säure liefern, gehören Riesling, Grüner Veltliner, Sauvignon Blanc, Albariño und Chenin Blanc.

Bei den roten Rebsorten sind Sangiovese, Nebbiolo, Barbera und Baga für ihre Säure bekannt. Baga ist eine interessante portugiesische Rebsorte, die Weine mit feiner Aromatik und toller Frische hervorbringt. Ein echter Geheimtipp für Weinliebhaber.

Für Weinfreunde, die wenig Säure im Wein wünschen, sei unser Beitrag Welche Weine haben wenig Säure? empfohlen.

Säuregehalt im Wein und die Wirkung

Der Säuregehalt im Wein hat eine Vielzahl von Auswirkungen auf seinen Geschmack und seine Struktur. Sie hebt den Eindruck von Frucht hervor und sorgt für mehr Körper im Wein. Die Säure sorgt auch dafür, dass der Speichelfluss zunimmt, was zur Wahrnehmung von Frische beiträgt. Auch wenn die Säure von Süße überdeckt wird, kann sie subtil im Hintergrund präsent sein und die Gesamtbalance des Weins beeinflussen.

Die Säure macht den Wein außerdem stabiler und trägt so zur längeren Haltbarkeit und zum Alterungspotenzial bei. Ein Wein ohne ausgewogene Säure hingegen kann unausgeglichen und flach wirken. Daher ist die Säure ein zentrales Element bei der Qualitätsbeurteilung eines Weins, zusammen mit Aromen, Alkohol, Tannin und Struktur.

Der Einfluss der Winzerinnen und Winzer auf den Säuregehalt im Wein

Weinlese

Ausschlaggebend für die Säure im Wein ist der Zeitpunkt, an denen die Trauben geerntet werden

Die Winzerinnen und Winzer haben mehrere Möglichkeiten, Einfluss auf den Säuregehalt ihrer Weine zu nehmen. Der Erntezeitpunkt ist entscheidend, da die Säure im Laufe der Reifezeit abnimmt und die Zuckerwerte ansteigen. Der Start des Weinlese beeinflusst somit maßgeblich den Säuregehalt des Weins.

Ferner kann der biologische Säureabbau (malolaktische Gärung) gezielt eingesetzt werden, um die schärfere Apfelsäure in die weichere Milchsäure umzuwandeln. Dies geschieht fast immer bei Rotweinen, um die Säure zu mildern und den Wein geschmeidiger zu machen. Bei Weißweinen kennt man diesen leicht cremigen Charakter von zahlreichen Chardonnay-Weinen, die im Holz ausgebaut wurden.

Winzerinnen und Winzer können auch Säuren und Basen verwenden, um den Säuregehalt anzupassen. Dies geschieht häufig in warmen Weinregionen, wo die Säure im Wein aufgrund der klimatischen Bedingungen zu niedrig ausfällt, um für ausreichend Spannung im Wein zu sorgen. Das Säuern und Entsäuern von Weinen ist in einem weinrechtlich vorgegebenen Rahmen eine völlig legale Methode.

Essen und Säuregehalt im Wein

Die Säure im Wein spielt auch eine wichtige Rolle bei der Paarung von Wein und Essen. Ein ausgewogener Säuregehalt im Wein kann das kulinarische Erlebnis erheblich verbessern. Jedoch existieren dabei einige Spielregeln.

Wenn das Essen saurer ist als der Wein, kann die Wahrnehmung des Weins gedämpft werden. Umgekehrt kann ein zu saurer Wein die Aromen des Essens überdecken. Die richtige Kombination von Wein und Essen, bei der die Säure harmoniert, kann das Geschmackserlebnis auf ein neues Level heben.

Lachs mit Gemüse

Besonders gut eignen sich säurebetonte Weine beispielsweise zu Fisch und gegrilltem Gemüse

Einige Speisen, die gut zu säurebetonten Weinen passen, sind Fisch, frische Salate und gegrilltes Gemüse. Auch eine leicht säuerliche Vinaigrette kann gut mit einem säurebetonten Wein harmonieren. Es ist auch ratsam, die kulinarische Tradition der Region zu berücksichtigen, aus der der Wein stammt, da die Einheimischen oft am besten wissen, welche Speisen am besten zu ihren Weinen passen.

Säuregehalt im Wein: das Fazit

Säure ist ein zentraler Bestandteil von Wein, der seinen Geschmack, seine Struktur und seine Wahrnehmung erheblich beeinflusst. Die Wahl der Rebsorte, der Erntezeitpunkt, der Einsatz des biologischen Säureabbaus oder die Korrektur des Säuregehalts sind nur einige der Faktoren, die den fertigen Wein prägen.

Ebenso wichtig ist es, dass die Säure im Wein sorgfältig ausbalanciert sein sollte, um zur Eleganz des Weines beizutragen – ganz gleich, ob Rot- oder Weißwein. Wenn dies gelingt, trägt Säure maßgeblich zur Gesamtqualität eines Weines bei.

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