Weine aus Down Under sind wieder auf dem Vormarsch. Grund genug, sich von der Vielfalt des Weinlands Australien überraschen zu lassen und noch einmal über das Wein-Einwandererland zu staunen.
Denken wir an die verheerenden Waldbrände, die sich Anfang 2020 über Wochen durch das riesige Land fraßen, erscheint der Gedanke an Weinbau etwas bizarr. Tatsächlich waren von dem flammenden Inferno auch einige Weingebiete betroffen. Dort, wo die Winzer vom Feuer verschont blieben, drückte eine anhaltende Trockenheit auf die Gemüter und die Rebflächen.
Dennoch darf angesichts dieses Horrorszenarios nicht vergessen werden, dass es durchaus verschiedene, und auch kühlere Klimazonen auf dem Weinkontinent Australien gibt. Immerhin ist das Land flächenmäßig größer als ganz Europa. Das Klima fällt in Western Australia und Northern Australia tatsächlich trocken und heiß aus. Andere Weinbaugebiete wie Tasmanien, weisen dagegen ein eher kühles Klima auf. Rund 75 Prozent der Rebflächen entfallen daher auf das kühle Südaustralien. Zudem gibt es Weinregionen, die vom mäßigenden und kühlenden Einfluss des Meeres profitieren – siehe Victoria und Tasmanien. Andere verdanken einem Fluss wie dem Murray River jenes besondere Mikroklima, das dem Wein zupasskommt. Nicht zuletzt kann es auch mehr in die Höhe gehen, um sich notwendige Kühle und Frische in den Weinen zu verschaffen – siehe Adelaide Hills oder Eden Valley. Noch ein australisches Spezifikum: künstliche Bewässerung ist vieler Orts unverzichtbar.
Wein-Einwanderland Australien
Noch etwas zeichnet Australien aus und markiert es als Neue Welt im Weinatlas. Es gibt keine heimischen, fachsprachlich autochthon genannten, Weinreben in dem riesigen Land. Sämtliche Rebsorten sind – wie auch jene, die sie nach Australien brachten und dort kultivierten – Einwanderer. Das erklärt zum Beispiel die Vielfalt an Reben von Chardonnay bis Riesling und von Shiraz (Syrah) bis Mataro (Mourvèdre). Zudem ist das Einwanderer-Gen noch deutlich unter den Namen der Weinmacher und Hersteller auszumachen. Mit der deutschen Brille auf der Nase kann man beispielsweise auf Max Schubert verweisen. Er ist der weniger bekannte Name hinter dem weltberühmten Grange Hermitage von Penfolds. Deutlich geläufiger dürfte der Name des Herstellers Peter Lehmann aus Barossa Valley sein.
Die ersten Weinreben des Kontinents lässt sich ein Gouverneur 1788 in den Garten seiner Residenz in Sydney pflanzen. Das ist ein symbolischer Auftakt, doch noch lange nicht ein richtiger Anfang. Verblüffend, dass es ein mit Whisky sozialisierter Schotte ist, der den entscheidenden Impuls gibt. James Busby bringt 1822 erstmals eine größere Auswahl an Rebsorten nach Australien. Nun können das Erproben und Erfahren so richtig beginnen. Welche Rebe fühlt sich in welcher Region wohl? Busby regt diesen Prozess mit Veröffentlichungen über Weinbau und Rebsorten ganz praktisch an.
Australien: Viel mehr als Shiraz und Chardonnay
Wir machen einen kleinen Zeitsprung, denn aus heutiger Sicht beginnt die Weinhistorie erst in den 1940er, 1950er Jahren. Was vielen nicht bewusst ist, bis dahin stand der australische Weinbau vor allem im Zeichen der sogenannten „fortified wines“, der aufgespritteten Weine in der Nachfolge eines Portweins zum Beispiel. Es ist der bereits erwähnte Max Schubert, der an der Tradition der „Australian Ports“ rüttelt und stilistisch etwas ganz anderes will. Er sucht einen Rotwein, der zeigt, welche Klasse und eigenen Charakter Australien besitzt. Zunächst im Verborgenen laboriert Schubert an der stilistischen DNA dieses Weins. Das Ergebnis ist der berühmte „Grange Hermitage“, ein wahrer Paukenschlag in der Weinwelt. Auf einmal steht auch Australien auf dem Programm der internationalen Weinkritik. „Shiraz aus Australien“, gewinnt einen ganz neuen Klang und nicht umsonst, gibt diese rote Rebsorte bis heute den Ton in Down Under an.
Vergleichbares geschieht, als in den 1990er Jahren australische Chardonnays, die nicht im Holzfass ausgebaut wurden, von sich reden machen – sozusagen als stilistischer Gegenentwurf zu den damals so beliebten Kaliforniern. Die sehr intensiven Chardonnay finden reißenden Absatz und Australien strahlt als aufgehender Stern am Himmel der internationalen Weinwelt.
Und Down Under nutzt die Gunst der Stunde, denn die einschlägigen Rotweine mit viel Wumms, also mit ordentlich Struktur, Tannin und Alkohol, passen perfekt in die Bewertungsphilosophie des neuen Weinpapstes Robert Parker. Doch letztlich sind es genau diese Tugenden, die mit der Zeit immer weniger gefragt sind. Australien verpasst da ein wenig den Anschluss und wird vom Neue Welt Konkurrenten Neuseeland plötzlich rechts überholt.
Eine neue Neue Welt
Diese Lektion hat Australien mittlerweile gelernt. Vielfalt heißt nun auch die stilistische Devise. Neben den unverzichtbaren, nahezu ikonischen Großkalibern alten Schlages, finden nun auch schlankere „kühlere“ Weine den Weg zu uns. Ein echtes Comeback, das wieder zu Entdeckungslust anstiftet und noch mehr neuweltliche Weinfreuden verspricht. Wer damit sofort beginnen will, darf sich gern unter den australischen Weißweinen und Rotweinen in unserem Shop bedienen.
Weinland Australien im Überblick
Für alle, die nicht ganz ohne Zahlen und harte Fakten auskommen, gibt es einen knappen Überblick mit den wichtigsten Infos.
Anbaufläche gesamt*
146.244 Hektar
Anbaufläche nach Staaten*
Region | Anbaufläche |
---|---|
South Australia | 76.292 (52%) |
New South Wales | 34.641 Hektar (24%) |
Victoria | 22.151 Hektar (15%) |
Western Australia | 10.784 Hektar (7%) |
Tasmanien | 1.702 Hektar (1%) |
Queensland | 674 Hektar (<1%) |
*Stand 2019
Die Top 5 Rebsorten Australiens**
- Shiraz
- Chardonnay
- Cabernet Sauvignon
- Merlot
- Sauvignon Blanc
Verhältnis Rotwein zu Weißwein
55% zu 45%
** Nach Erntemenge 2020
Das Weinland Australien besteht aus:
6 Zonen:
South Eastern Australia, South Australia, Victoria, New South Wales, Western Australia, Tasmanien
Mit 70 Regionen (Geographic Indication, GI):
z.B. Adelaide Hills, Coonawarra, Eden Valley, Yarra Valley, Hunter Valley, Margaret River
sowie möglichen Subregionen innerhalb einer Region.
Achtung!
Eine Region kann durchaus mehreren Zonen zugeordnet sein. Die Region Eden Valley zählt beispielsweise zur Barossa Zone, die wiederum innerhalb der South Australia Zone liegt. Noch besser: die South Australia Zone ist zugleich ein Teil der riesigen South-Eastern Australia Zone.